Karls des Großen vergessener Kanal: Archäologische Entdeckungen an Altmühl und Donau

Ein Vortrag im Stadtmuseum Ingolstadt hat ein neues Licht auf die Nutzung der Donau als Lebensader Europas geworfen und die archäologischen Spuren eines ehrgeizigen Projekts von Karl dem Großen enthüllt, das die Geschichte Ingolstadts mitgeprägt hat. Im Rahmen der Ingolstädter Archäologischen Vorträge berichtete Dr. Lukas Werther, seit 2023 stellvertretender Direktor der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts, von der Nutzung der Donau und ihrer Zuflüsse als historische Schifffahrtswege und stellte archäologische Funde zu römischen und frühmittelalterlichen Häfen vor.

Im historischen Ambiente des Barocksaals des Stadtmuseums in Ingolstadt wurde den Zuhörerinnen und Zuhörern am 20. März eine Zeitreise der besonderen Art geboten: Der 38. Ingolstädter Archäologische Vortrag rückte „Die Archäologie der Schiffahrt auf der Donau“ in den Fokus. Der auf das Mittelalter spezialisierte Archäologe Lukas Werther, ein gebürtiger Pfaffenhofner, fesselte das Publikum mit seinen Ausführungen zu archäologischen Entdeckungen, die die lange Geschichte der Flussschiffahrt in der Region beleuchten.

Seit der Vorgeschichte werden die Donau und viele ihrer Zuflüsse als Schifffahrtswege genutzt. So wurden der römische Flusshafen bei Oberstimm und der frühmittelalterliche Hafen an der Schwarzach mehrfach ausgebaut. Die Funde zeigen, dass die Flüsse mit Flößen und Einbäumen befahren wurden. Dabei wurden nicht nur erhebliche Lasten, sondern auch Reisende transportiert. „Man konnte die Strecke zwischen dem Donauübergang bei Steppberg und der Weltenburgerenge bei idealen Bedingungen flussabwärts in nur sieben Stunden bewältigen“, führte Werther aus. Ein besonderes Augenmerk richtet der Vortrag auf dem Bau schiffbarer Kanäle wie den drei Kilometer langen frühmittelalterlichen Karlsgraben, der im späten achten Jahrhundert die Schifffahrtswege von Donau und Rhein verbinden sollte. Hier wurde 2013 im Kanalbereich zwischen Rezat und Altmühl nachgegraben und die frühmittelalterliche Großbaustelle untersucht.

Der Bau des Karlsgrabens konnte durch die archäologischen Untersuchungen genau auf den Spätsommer 793 datiert werden konnte. Dieses einzigartige Bauwerk entstand also gerade in der Zeit, als Ingolstadt zum ersten Mal als überregional bedeutender Platz in Erscheinung tritt. Die Forschungen verdeutlichten nicht nur die technischen und logistischen Herausforderungen dieses Projekts, sondern auch dessen Scheitern, was durch Einschwemmungen und Materialverlagerungen im Kanalbereich belegt wurde, ein Fakt, der die Authentizität der historischen Aufzeichnungen in den Einhardsannalen unterstreicht. Die Ergebnisse zeigen den Mehrwert einer interdisziplinären Arbeitsweise, da gerade die Flußschiffahrt- und Hafenforschung die Methodenspektren der Archäologie, der Geschichte und der Geowissenschaften synergetisch miteinander verbindet.

Die Ingolstädter Archäologischen Vorträge sind eine Kooperation der Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts gemeinsam mit der Stadt Ingolstadt, dem Zentrum für Stadtgeschichte, der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Unter den Mitveranstaltern befanden sich Ingolstadts zweite Bürgermeisterin Dr. Dorothea Deneke-Stoll, Dr. Gerd Riedel vom Stadtmuseum, Juniorprofessorin Nadin Burkhardt von der KU sowie Dr. Walter Irlinger, Leiter der Abteilung für Bodendenkmalpflege am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege.

Die Veranstaltung unterstrich die Bedeutung interdisziplinärer Forschungsansätze in der Archäologie und verwandten Disziplinen und bot einen tiefen Einblick in die reiche archäologische Überlieferung der Region. Bürgermeisterin Deneke-Stoll hob hervor, solche Vorträge machten nicht nur das weltweite Forschungsfeld der deutschen Archäologie zugänglich, sondern förderten auch das Verständnis für die reiche archäologische Überlieferung der Region im größeren Kontext.

Mit diesem Vortrag setzen die Ingolstädter Archäologischen Vorträge ihre Tradition fort, ein Forum für den Austausch und die Verbreitung archäologischer Forschungsergebnisse zu bieten, und verstärken das Bewusstsein für das historische Erbe der Region.